Heinrich Bolls Erzahlung Die verlorene Ehre der Katharina Blum oder: Wie Gewalt entstehen und wohin sie fuhren kann sorgte bei ihrem Erscheinen im Jahr 1974, das von einem Vorabdruck im Spiegel flankiert wurde, fur eine heftige Auseinandersetzung um die Methoden des Boulevardjournalismus.
Die Hauswirtschafterin Katharina Blum, die nebenbei bei Empfangen und Festlichkeiten die kalten Buffets besorgt und sich davon eine Appartementwohnung und einen Volkswagen leisten kann, gerat zufallig in den Mittelpunkt der Sensationsmache und Polithetze einer gro?en Boulevardzeitung. Bei einer Karnevalsparty verliebt sie sich in einen jungen Mann, der von der Polizei als radikaler Rechtsbrecher gesucht und allgemein »Bandit« genannt wird. Von da an ist ihr ein Sensationsjournalist auf den Fersen, der ihr Privatleben durchleuchtet und offentlich macht. Die Folge der Hetze und der Verletzung der Intimitat durch die Presse steht am Anfang der Erzahlung: Katharina Blum hat den Journalisten erschossen, und ein ebenfalls beteiligter Pressefotograf ist von einer unerkannten Frau erschossen worden. Damit ist der schockierende Akzent gesetzt, der nach Interpretation und Aufklarung verlangt.
Das Muster der Moritat von der verlorenen Frauenehre ist hier emanzipatorisch und aggressiv gewendet: Die in der offentlichen Meinung gefallene Frau wei? sich nach anfanglicher Erschutterung zu wehren, notfalls mit Gewalt.
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